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Farben im Marketing und Branding
Bei der Farbauswahl für Logos, Websites oder Kampagnen sollte man klar definieren, welche Kernbotschaften und Werte die Marke ausstrahlen soll. Auf dieser Basis kann eine Farbwelt entwickelt werden. Etabliert haben sich Zuordnungen wie: Grün für Nachhaltigkeit, Natur, Frische; Orange für Freundlichkeit, Kreativität, Preisgünstigkeit; Schwarz für Premium, Eleganz, Luxus; Gelb für Optimismus, Warnhinweis oder Schnäppchen (je nach Tonalität); Violett für Extravaganz, Weiblichkeit oder Spiritualität; Rot und Blau für Dynamik bzw. Vertrauen.
Eine Untersuchung im Einzelhandel ergab sogar, dass Kunden signifikant häufiger (um ~15 %) in Geschäfte zurückkehren, deren Farb-Atmosphäre ihnen unbewusst „angenehm stimmig“ erschien – in dem konkreten Fall schnitten Läden mit blauem Farbdesign besser ab als solche mit orangefarbenem Ambiente (weniger Wiederkehrer), was zur Markenloyalität beitrug. Offenbar erzeugt ein stimmiges Blau-Schema ein Gefühl von Ruhe und Professionalität, das langfristig bindet, während ein aggressives Orange kurzfristig aufmerksamkeitsstark, aber auf Dauer anstrengend sein kann. Solche Erkenntnisse decken sich mit Meta-Analysen der Ladenatmosphäre, wonach kühle Farbschemen zwar geringere Arousal-Level, aber höhere Zufriedenheit fördern, während warme Farben die Aktivierung steigern, jedoch zu schnellerer Ermüdung oder Unzufriedenheit beitragen können.
Farbe im Produkt- und Verpackungsdesign
In einem Experiment von Schuldt (2013) etwa wurde ein identischer Müsliriegel mit grünem Kalorienhinweis von Probanden als signifikant gesünder eingeschätzt als mit rotem oder weißem Label – besonders bei Personen, denen gesunde Ernährung wichtig ist. Diese Health Halo-Wirkung durch die Farbe kann also Kaufentscheidungen beeinflussen, birgt aber auch ethische Fragen (Stichwort Greenwashing). Umgekehrt verbinden Konsumenten warme Farben wie sattes Rot, Orange oder Gelb bei Lebensmitteln oft mit süßem, intensivem Geschmack und Genuss. Hersteller nutzen dies gezielt: Etwa sind Chips-Tüten für Paprika-Geschmack fast immer rot/orange gehalten, während Light- oder Joghurtprodukte häufig in hellblau oder weiß-blau erscheinen, um Frische und Leichtigkeit zu signalisieren. Die Passung zwischen Produktart und Farbcode ist hier zentral.
Eine aktuelle Untersuchung (Su & Wang, 2024) fand, dass sogenannte Vice Foods (also „Laster-Lebensmittel“ wie Süßigkeiten oder fettige Snacks) in warmfarbiger Verpackung höhere Kaufabsichten auslösten, während Virtue Foods (gesunde Kost) in kühlen Farben erfolgreicher waren. Offensichtlich steigert ein rotes, verspieltes Design die „Fluency“, mit der wir einen Schokoriegel als leckeren Genuss wahrnehmen, während ein grünes oder blaues Design unserer Erwartung an ein Diätprodukt entgegenkommt und daher überzeugender wirkt.
Interessant ist auch der Einfluss von Farbe auf die sensorische Wahrnehmung von Produkten. Psychologische Studien im Bereich Crossmodal Effects zeigen, dass Verpackungs- und Produktfarbe unsere Geschmacks- und Qualitätswahrnehmung modulieren. Ein klassisches Beispiel: Die Farbe einer Limonade kann beeinflussen, ob wir sie als süßer oder fruchtiger erleben – obwohl die Rezeptur identisch ist. Konsumenten verbinden etwa ein kräftiges Gelbgrün bei einem Getränk mit Zitrus/Limette und erwarten Säure, während ein rosa Farbton an Beeren erinnert und süßer eingeschätzt wird. In Blindverkostungen wurden Probanden durch Farbstoffzugaben regelrecht „getäuscht“: Ein mit roter Lebensmittelfarbe versehenes Orangengetränk wurde als süßer empfunden als die blass-orange Variante.
Farbgestaltung in Werbung und Verkaufsumgebungen
Experimente zeigen, dass Farbakzente die Auffälligkeit von Anzeigen erheblich steigern: Farbige Anzeigen werden um ein Vielfaches häufiger beachtet und gelesen als schwarz-weiße. In einer Studie zur Printwerbung erhöhte Farbe die Lesewahrscheinlichkeit um rund 42 % – ein Wert, der in verschiedenen Branchen ähnlich beobachtet wurde. Aus neurologischer Sicht ist dies plausibel, da farbige Reize in der frühen visuellen Verarbeitung (im sog. V4-Areal des Gehirns) eine stärkere Aktivierung erzeugen als graue, was die Weiterleitung an Aufmerksamkeitsnetzwerke begünstigt. Für Werbetreibende heißt das: Gezielt Farben einsetzen, um Hierarchien zu schaffen. Nicht jedes Element darf schrill bunt sein – sonst geht der Effekt verloren.
Auch im stationären Handel und in Serviceumgebungen ist Farbe ein zentraler Atmosphärengestalter. Die sogenannte Atmospherics-Forschung (Bitner, 1992; Mehrabian & Russell, 1974) zeigt, dass Ladenfarben die Verweildauer, Kauflaune und sogar Umsatzhöhe beeinflussen. Babin et al. (2003) stellten fest, dass eine blaue Ladenumgebung bei Kund:innen positive Emotionen und das Gefühl fairer Preise förderte, was zu höheren Kaufabsichten führte, während ein orange-rotes Ambiente zwar mehr Erregung erzeugte, aber teils als aufdringlich und weniger preisfair wahrgenommen wurde.
In einem originellen Experiment im Kontext von eBay-Auktionen wurde festgestellt, dass Bieter bei roten Bildschirmhintergründen signifikant aggressiver steigerten als bei blauen – sie wollten „gewinnen“ und boten höher, während bei blauem Hintergrund eher moderate Gebote abgegeben wurden (Bagchi & Cheema, 2013). In Verhandlungen hingegen (Käufer handelt direkt mit Verkäufer) war Blau vorteilhafter, da Rot hier die Käufer unnötig in Angriffsmodus versetzte und sie niedrigere Angebote machten.
Farbe ist auch Geschmackssache und Teil von Trends, daher sollten harte Daten stets durch Marktbeobachtung und ggf. Testing ergänzt werden. Wenn jedoch die biologischen Grundlagen, die psychologischen Mechanismen und die Zielgruppeneigenheiten berücksichtigt werden, erhöht sich die Chance, dass Farbentscheidungen genau ins Schwarze treffen – oder ins Rote, Blaue, Grüne, je nachdem, was beabsichtigt ist.
Literatur
- Babin, B. J., Hardesty, D. M., & Suter, T. A. (2003). Color and shopping intentions: The intervening effect of price fairness and perceived affect. Journal of Business Research, 56(7), 541–551. https://doi.org/10.1016/S0148-2963(01)00246-6
- Bagchi, R., & Cheema, A. (2013). The effect of red background color on willingness-to-pay: The moderating role of selling mechanism. Journal of Consumer Research, 39(5), 947–960. https://doi.org/10.1086/666466
- Bitner, M.J. (1992). Servicescapes: The impact of physical surroundings on customers and employees. Journal of Marketing, 56(2), 57-71. https://doi.org/10.1177/002224299205600205
- Mehrabian, A., & Russell, J.A. (1974). An approach to environmental psychology. MIT Press.
- Schuldt, J.P. (2013). Does green mean healthy? Nutrition label color affects perceptions of healthfulness. Health Communication, 28(8), 814-821. https://doi.org/10.1080/10410236.2012.725270
- Su, J., & Wang, S. (2024). Influence of food packaging color and food type on consumer purchase intention: The mediating role of perceived fluency. Frontiers in Nutrition, 10, 1344237. https://doi.org/10.3389/fnut.2023.1344237

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