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Der Aufstieg von KI-Influencern
Künstliche Intelligenz (KI) hat in den letzten Jahren nahezu alle Lebensbereiche durchdrungen, darunter auch das Marketing und die Werbebranche. Eine besonders vielversprechende und zugleich beunruhigende Entwicklung stellt das Aufkommen von KI-Influencern dar – computergenerierte Persönlichkeiten, die in sozialen Medien Inhalte teilen, Marken bewerben und Beziehungen zu menschlichen Followern aufbauen.
Bis 2024 hat der Markt für AI-Influencer ein Volumen von etwa 6,95 Milliarden US-Dollar erreicht, mit einer jährlichen Wachstumsrate von 39,9 % (Statista, 2024). Statistiken zeigen, dass virtuelle Influencer eine durchschnittliche Engagement-Rate von 2,84 % erzielen, im Vergleich zu 1,72 % bei menschlichen Influencern (Digital Delane, 2024).
Für Marken sind sie kontrollierbar, skalierbar und dauerhaft konfliktfrei – was Budgets anzieht, die bislang an Creator:innen gingen.

Die "Media Equation"-Theorie: Unser Gehirn unterscheidet nicht zwischen real und digital
Die "Media Equation"-Theorie von Byron Reeves und Clifford Nass liefert eine weitere Erklärung für die Wirksamkeit virtueller Influencer. Sie besagt, dass Menschen dazu neigen, mit Medien und Technologien so zu interagieren, als wären sie reale Menschen. Unser Gehirn hat in seiner evolutionären Entwicklung nicht gelernt, zwischen realen sozialen Interaktionen und deren medialer Repräsentation zu unterscheiden.Das bedeutet, dass wir auf einen freundlichen Avatar oder einen hilfsbereiten Chatbot unbewusst so reagieren, als wäre es eine freundliche und hilfsbereite Person. Virtuelle Influencer machen sich diesen psychologischen "Kurzschluss" zunutze. Durch die Simulation von menschlicher Kommunikation – direkte Ansprache, das Teilen persönlicher Geschichten, das Reagieren auf Kommentare – aktivieren sie in den Nutzer:innen soziale Skripte, die normalerweise für die Interaktion mit anderen Menschen reserviert sind. Dies führt dazu, dass wir trotz des Wissens um ihre Künstlichkeit emotionale Verbindungen zu ihnen aufbauen und ihnen Vertrauen schenken.
Das Authentizitäts-Paradoxon: Vertrauen in das Nicht-Menschliche
Glaubwürdigkeit ist die Währung des Influencer-Marketings. Konsument:innen folgen den Empfehlungen von Personen, die sie für vertrauenswürdig, kompetent und attraktiv halten. Das "Source Credibility Model" von Hovland und Weiss (1951) ist hier ein zentrales theoretisches Gerüst.
Transparente Künstlichkeit
Einige Forschende argumentieren, dass die offene Kommunikation ihrer Nicht-Existenz die Glaubwürdigkeit von Virtuellen Influencern paradoxerweise erhöhen kann. Die Follower:innen wissen, dass sie es mit einer fiktiven Figur zu tun haben, und bewerten sie möglicherweise nach anderen Kriterien als menschliche Influencer:innen – etwa nach ihrem Unterhaltungswert, ihrer Ästhetik oder der Originalität ihrer Geschichte. Viele erfolgreiche virtuelle Influencer:innen machen keinen Hehl aus ihrer digitalen Herkunft. Diese Offenheit wird paradoxerweise als Zeichen von Ehrlichkeit interpretiert, obwohl alles andere an ihnen konstruiert ist.- Fehlerlosigkeit als Vorteil: Während menschliche Influencer:innen durch Skandale und unauthentisches Verhalten an Glaubwürdigkeit verlieren können, sind virtuelle Influencer:innen davor gefeit. Ihre makellose und kontrollierte Natur kann in einer von Misstrauen geprägten Medienlandschaft als verlässlich wahrgenommen werden.
- Attraktivität als dominanter Faktor: Studien zeigen, dass bei virtuellen Influencer:innen die physische Attraktivität eine noch größere Rolle für die positive Wahrnehmung spielt als bei Menschen. Da ihre Attraktivität digital perfektioniert werden kann, kompensiert dieser Faktor möglicherweise die Defizite in der wahrgenommenen Vertrauenswürdigkeit.
- Konsistenz: Virtuelle Influencer:innen zeigen keine Widersprüche in ihrem Verhalten. Sie sind immer die gleiche Person, mit den gleichen Werten und der gleichen Ausstrahlung. Diese Konsistenz vermittelt Vertrauenswürdigkeit (Miao et al., 2022).
- Perfekte Unperfektion: Paradoxerweise wirken virtuelle Influencer:innen authentisch, weil ihre Erschaffer:innen bewusst kleine "Makel" einbauen – eine leicht schiefe Nase, Sommersprossen oder gelegentliche "spontane" Momente. Diese kalkulierte Unperfektion macht sie menschlicher und damit glaubwürdiger (Thomas & Fowler, 2021).
In Human-AI-Interaktionen kommt die Machine Heuristic hinzu: „Maschinen sind präzise, objektiv, konsistent“ – was die zugeschriebene Glaubwürdigkeit erhöhen kann.
Über den Kategorie- und Identitäts-Fit erzeugen „Produkt-abhängige“ Virtuelle Influencer:innen (Avatare mit passender Expertise/Rolle) höhere kognitive und emotionale Vertrauensurteile und Kaufabsicht als generische Figuren.
Fazit und Ausblick: Die Zukunft des Marketings zwischen Mensch und Maschine
Die Zukunft des Influencer-Marketings wird wahrscheinlich in einer hybriden Form liegen, in der menschliche und virtuelle Influencer:innen koexistieren. Die Herausforderung wird darin bestehen, die Vorteile der Technologie zu nutzen, ohne die menschliche Komponente von Authentizität, Empathie und echter Verbindung aus den Augen zu verlieren. Letztendlich wird die Akzeptanz und der langfristige Erfolg von KI-Influencer:innen davon abhängen, ob es gelingt, Vertrauen bei den Verbraucher:innen aufzubauen und einen verantwortungsvollen Umgang mit dieser neuen Technologie zu etablieren.Bis 2030 könnte der Markt 37,8 Milliarden USD erreichen (Forbes, 2024). Zukünftige Trends umfassen dabei die Integration in VR/AR, real-time Interaktionen und hybride Modelle (Twimbit, 2025).
Eines ist sicher: Die digitalen Geister, die wir riefen, werden uns noch lange beschäftigen und uns zwingen, die Frage nach der Echtheit und dem Wert menschlicher Interaktion im digitalen Zeitalter immer wieder neu zu stellen.
Literatur
- Chan, G. (2024, July 2). Human influencers still earn 46x more than AI influencers. Forbes. https://www.forbes.com/sites/goldiechan/2024/07/02/human-influencers-can-still-earn-46x-more-than-ai-influencers
- Digital Delane. (2024). Exploring AI's Impact in Virtual Influencer Marketing.
- Forbes Agency Council. (2024, May 23). 17 expert insights into the rise of AI influencers. Forbes. https://www.forbes.com/councils/forbesagencycouncil/2024/05/23/17-expert-insights-into-the-rise-of-ai-influencers
- Hovland, C.I. and Weiss, W. (1951), ‘The Influence of Source Credibility on Communication Effectiveness’, Public Opinion Quarterly, Vol. 15 No. 4, pp. 635–650.
- Miao, F., Kozlenkova, I. V., Wang, H., Xie, T., & Palmatier, R. W. (2022). An emerging theory of avatar marketing. Journal of Marketing, 86(1), 67-90.
- Reeves, B., & Nass, C. (1996). The media equation: How people treat computers, television, and new media like real people and places. Cambridge University Press.
- Statista. (2024). AI Influencer Market Statistics.
- Thomas, V. L., & Fowler, K. (2021). Close encounters of the AI kind: Use of AI influencers as brand endorsers. Journal of Advertising, 50(1), 11-25.
- Twimbit. (2025). State of virtual influencers 2025.

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